TAG 28                 Sonntag, der 07.04.2019

Gestern habe ich geschrieben, dass ich heute meinen zweiten Geburtstag habe. Heute bin ich 14 Jahre trocken. Eine lange Zeit, die ich unterm Strich gesehen gut bis sehr gut geschafft habe.

Ich weiss nicht, ob ich Männerschnupfen habe, ich glaube mittlerweile, es ist Heuschnupfen. Werde ich schon sehen.

Heute habe ich KEIN Verlangen nach Schoki & Co., obwohl schönes Wetter ist und die Cafès voll sind. Wenn ich die Leute sehe, die sich kiloweise Torten, Kuchen, Kekse, Teilchen etc. hineinschlingen, dann denke ich so bei mir, dass ich das vor einigen Wochen auch noch so gemacht hätte. Heute aber nicht, weil ich mein Verhalten analysiert und überdacht habe.

Das Süße hat einen sehr hohen Stellenwert in meinem Leben eingenommen, so viel, dass es mir längerfristig sicherlich auch gesundheitlich schaden würde. Aber mental hat es mir schon geschadet. Ich habe ein teilweise süchtiges Verhalten an den Tag gelegt. Sucht heisst ja auch, dass ich mein Verhalten weiterführe, obwohl ich weiss, dass es mir schadet. Ich esse weiter Süßes, obwohl ich weiss, dass es mir nicht gut tut.

Und über das alles habe ich mir Gedanken gemacht und mich zu dem Selbsttest entschieden. Das war die richtige Entscheidung. Wenn Ihr wollt, macht das doch auch mal.

Diese Woche steht nicht soviel an, der wichtigste Termin ist am Mittwoch im Tumorzentrum in Essen zur Nachuntersuchung. Auch wenn ich vielleicht noch so cool mit der Erkrankung umgehe, ein paar Tage vor dem Termin werde ich langsam nervös. Vor meiner Untersuchung im Februar (im März machte ich bereits den Selbsttest), habe ich jeden Tag vermehrt Süßes gegessen, damit ich mich wohl fühle und die Nervosität nachlässt. Jeden Tag ein wenig mehr, weil ich jeden Tag ein wenig nervöser wurde.

Heute ist das bis jetzt nicht so. Ich bin entspannt….heute……vielleicht auch WEIL ich kein Süßes esse. „Nicht Süßes essen“ als Unterstützung bei einer Entspannungsübung. „Nicht Süßes essen“ als Unterstützung bei einer Meditationsübung. Möglich, denn der Zucker putscht auf. Dadurch werde ich nervös und nervöser. Ohne bin ich ruhiger.

Es ist schon komisch, auf was ich für Gedanken komme, aber ich analysiere. Da sind die Gedankenabläufe schon mal chaotisch. Meine Aufgabe besteht darin, diese Abläufe zu ordnen und für mich in einer praktikablen Liste aufzustellen. Jeden Tag, auch über die Zeit des Selbsttestes hinaus.

Und wie ist das bei Euch?

 

Bis morgen

Euer Bernd

 

 

TAG 29                 Montag, der 08.04.2019

Heute war süßigkeitentechnisch ein ruhiger Tag. Keine Vorkommnisse, keine süßen Geschenke, keine Gedanken an Schoki & Co. Lag vielleicht auch daran, dass ich immer noch erkältet bin oder Heuschnupfen habe oder so. Hatschi……. 😊. Trotzdem werde ich nicht behaupten, dass ich jetzt geheilt bin. Es wird immer mal wieder vorkommen, dass ich plötzlich Heißhunger bekomme. Wichtig ist dann diesem Heißhunger nicht zu folgen und das Zeug wieder in mich reinzustopfen.

Eine Sache interessiert mich aber und da wäre eine Antwort von Euch ganz gut. Ich habe gestern ein Interview mit einer Frau gesehen, die behauptete, dass, wenn ich eine Veränderung in meinem Leben (Süssen nicht essen, regelmäßig Sport etc.) vorgenommen und 21 Tage durchgehalten habe, dass dann der Körper und Kopf diese Änderung verinnerlicht hat. Ist das so? Hat da jemand Erfahrung mit?

Ich habe mir, wie mittlerweile fast jeden Tag, Gedanken gemacht zu diversen Dingen, die mittelbar oder unmittelbar mit meinem Verhältnis zu den Süßigkeiten zu tun haben. Heute geht es um folgendes.

Celia schrieb auf FB, dass ihre Lieblingserkenntnis in Tag 24 zu finden ist. Die Frage: „Was erfüllt mich?“. Gute Frage. Kurze Ausführung. Wenn ich etwas füllen will/muss setzt das voraus, das irgendwo ein Loch ist. Dieses Loch kann körperlicher und geistiger Natur sein. Die nächste Frage ist wo das Loch her kommt. Ist es Hunger? Ist es Sehnsucht? Ist es Langeweile? Ist es Unzufriedenheit? Ist es die Suche nach irgendwas?

Eine weitere Frage ist was ich als Füllstoff für das Loch nehmen. Schoki & Co., Würstchen, Chipse, Erdnüsse, Salzstangen, Alkohol, Wasser, Cola, Fanta oder ein Buch, das Betrachten eines schönen Bildes, ein Spaziergang am Strand oder im Wald, sich mit einem FreundIn treffen. Ich habe es einfach mal runtergeschrieben.

Habe ich es genossen? Geht es mir jetzt gut? Kann ich noch lange von meinen Erfahrungen zehren? Oder ist alles schnell vorbei und ich benötige einen neuen “Kick“?

Das liest sich vielleicht ein wenig wirr. Mir ist es wichtig, dass ich das, wo ich mein Loch mit fülle, eine gute und nachhaltige Qualität hat und keine Eintagsfliege ist, die am anderen Tag schon vergessen ist.

Wie ist das bei Euch? Nachhaltigkeit oder Eintagsfliege?

Bis Morgen

Euer Bernd

 

 

TAG 30                 Dienstag, der 09.04.2019

Habe ich es geschafft? Bin ich zuckerfrei oder zumindest nichtmehransüßesdenkend? Heute war noch weniger als nix, nämlich gar nix……..was in mir die Gier nach Zucker wieder aufkeimen ließ. Nix. Ich war irgendwie total gelassen. Vielleicht lag es an der tollen Präventionsveranstaltung heute Morgen an der Schule. Heute lief alles glatt, vielleicht zu glatt? Nur ganz wenig Stress. War richtig gut.

Gelassenheit. In bestimmten Situationen gelassen sein…….soll nicht heißen, dass mir dann alles am ….. vorbei geht und mir alles gleichgültig wird. Gelassen heisst für mich Probleme oder Stress mit Hilfe meiner inneren Ruhe und Zufriedenheit zu lösen und zwar ohne Hilfsmittel, wie z.B. Schoki & Co. Dieser fördert den Stress durch den Zucker, ich will mehr und wenn der Zucker wirkt, werde ich nicht ruhig, sondern aufgedreht. Und dann ist es mit der Ruhe vorbei und der Stress klopft an.

Ich habe schon in den letzten 30 Tagen gemerkt, dass ich bei einigen Dingen ruhiger geworden bin und vor allen Dingen, dass ich keine Kopfschmerzen mehr habe.

Ohne oder mit wenig Süßes lebt es sich anders. Aber kann ich das nach 30 Tagen schon sagen? Ich denke schon, weil der Körper sich auch langsam an weniger Zucker gewöhnt.

Und der Kopf??

Das Verlangen hat nachgelassen in bestimmten Situationen, in denen ich früher das Süße verschlungen habe. Ein Lernprozess hat stattgefunden, anders mit der Situation umzugehen und nicht sofort Hilfe im Süßem zu suchen. Schoki & Co. schreien auch nicht mehr so laut, ich soll sie essen, wenn ich im Supermarkt längst das Regal gehe. Vielleicht sind sie stumm geworden 😊.

Nein, eine Veränderung hat in mir stattgefunden, ich habe mir was weggenommen (negativ), was sich auf der anderen Seite positiv in meinem Leben umgewandelt hat. Negative Energie aus Zucker zur positiven Energie im Kopf. Hierzu zähle ich positives Denken, Aufmerksamkeit, Schwung, gute Laune und einfach ein geiles Gefühl, dass das Leben schön ist.

Seht Ihr das auch so?

Bis morgen

Euer Bernd

 

 

TAG 31                 Mittwoch, der 10.04.2019

Heute Morgen bin ich zur Nachsorgeuntersuchung im Tumorzentrum in Essen. Das ist immer ein total komisches Gefühl dorthin zu fahren. Auf solch einer Krebsambulanz werden selbst die härtesten Kerle weich. Früher bin ich immer längst den Süßigkeitenautomaten gegangen und habe mir Mars, Snickers & Co. gezogen. Heute nicht. Kein Bedarf, kein Verlangen, obwohl die Werte top waren und ich mich ja auch hätte belohnen können. Habe ich aber nicht und wollte ich auch nicht.

Dann zu Hause bin ich echt auf die Idee gekommen mich trotzdem mit einem Stück Kuchen zu belohnen. In meiner Vorstellung habe ich das Stück Kuchen ganz langsam und genussvoll gegessen, mit dick Sahne drauf……………..

Und ich war schon auf dem Weg zum Bäcker, um es mir zu holen, weil ich mir was Gutes tun wollte. Ich Trottel. Mir was Gutes tun? Mit Kuchen? 30 Tage zum Herrn, oder was? Der Kampf entbrennt in mir. Engelchen und Teufelchen duellieren sich. Der Kampf wird immer härter……………

Da bekomme ich eine SMS. Mein Buchhändler sagt mir Bescheid, dass mein neues Buch angekommen ist. So gehe ich dann nicht rechts, sondern links rum. Nicht in die Bäckerei, sondern in die Buchhandlung.

Da hatte ich der Gedanke an den Kuchen auch schon wieder verflüchtigt.

Das war natürlich ein riesen Zufall. Was passiert wäre ohne die SMS weiss ich nicht.

Was meint Ihr? Bäckerei oder Buchhandlung?

 

Bis morgen

Euer Bernd

 

 

TAG 32   Donnerstag, der 11.04.2019 und TAG 33   Freitag, der 12.04.2019

Gestern war Internationaler Kochabend. Wir haben mit 20 Leuten türkisch gekocht und es war total lecker. Zum Schluss gab es einen süßen Nachtisch. Ich habe mich getestet und 2 Löffel davon gegessen. Das war soooooooooooooooo süß, dass es mir absolut nicht geschmeckt hat. So intensiv habe ich den Zucker noch nie geschmeckt. 31 Tage vorher sah das anders aus. Da konnte es nicht süß genug sein. Das war die körperliche/geschmackliche Komponente.

Mental war es so, dass ich nicht rückfällig geworden bin und mir anschließend noch ein Pfund gegessen habe. Nein. Nach den 2 Löffeln war Schluss. Kein Verlangen, keine aufkommende Gier. Nichts. Ich finde es richtig gut, bin aber nicht überschwänglich. Beim Alkohol war das auch mal so.

Ich habe zumindest das Gefühl, dass ich mich weiter vom Süßen entferne, also vom Kampfessen von und mit Schoki & Co.

Ich denke, dass die Basis da und das Fundament gegossen ist, um auch später auf das Naschen zu verzichten und ein fast zuckerfreies Leben zu führen.

Das war gestern.

Heute habe ich den Weg von gestern fortgesetzt. Selbst als ein Kollege von meinen Augen ein Teilchen aß wurde ich nicht schwach und wollte auch so eines. Ich habe auch keinen Hunger drauf.

Ich finde es ist ein durchaus positives Resümee. Warten wir mal die nächsten Tage ab.

Bis morgen

Euer Bernd

 

 

TAG 34                 Samstag, der 13.04.2019

Am 19.04. ist wieder Vollmond. Das ist das krönende Abschlussfest aller Schokovampire und Kekswerwölfe. Wie letzten Monat schon beschrieben (TAG 9 und 10), gibt es bei mir einen Zusammenhang zwischen Vollmond und dem vampirmäßigen Heißhunger auf Süßes. Und heute ist es wieder soweit. Der Tag ist so schlimm, obwohl ich total erkältet und voll Antibiotikum gepumpt bin, dass ich auf nichts anderes Hunger habe…………….bis auf das Süße.

Wie kann ich das bloß abstellen? Gibt es da einen Hebel, den ich umlegen kann oder muss ich das bis zum Rest meines Lebens ertragen?

Ich habe da keine Antwort drauf. In meiner nassen Zeit war ich nie Quartalstrinker, also jemand, der z.B. bei Vollmond besonders viel trinkt. Ich war Spiegeltrinker. Ich musste immer einen gewisses Level haben, damit ich funktioniert habe.

Gibt es eigentlich auch einen Spiegelschokiesser? Also jemand, der immer eine bestimmte Menge Zucker im Körper haben muss, damit er keine Entzugserscheinungen bekommt?

Das sind alles solche Gedanken, die mir kommen, weil ich auf meine Fragen oben keine Antwort habe oder bekomme.

Ich sage nun einfach ISSO…..und gut ist. Allerdings besteht dann natürlich die Gefahr, dass ich ungezügelt wieder zulange. Und DAS will ich nicht. Also muss ich auf mich aufpassen und mir mehr Gedanken machen als sonst. Ich muss noch intensiver in mich hineinhorchen und schauen, dass ich vom richtigen Weg nicht abkomme.

Es ist ja nicht so, als ob ich sonst nichts zu tun hätte.

Bis Morgen

Euer Bernd

 

 

TAG 35                 Sonntag, der 14.04.2019

Heute schreibe ich zu einem Thema, was von Männern glaube ich nicht ganz soooooo viel angesprochen, aber gedacht wird. Von der Schönheit. Ich meine das nicht in Bezug auf „Isch bin voll krasser Typ, weisst Du?“ oder „Isch bin Oberchecker“. Ich meine das in Bezug auf Selbstwahrnehmung und mentales Aussehen.

Auf dem Weg zur Eisdiele hängt im Schaufenster einer Parfümerie ein Schild mit der Aufschrift „Mein schönstes Ich“.  Ja, was soll mir das sagen? Was ist denn mein schönstes Ich? Ist das ein aufgeschminktes schönstes Ich? Oder ist es das schönste Ich, was von innen her kommt? Geprägt durch meinen Charakter, mein Verhalten, meine Worte und Taten? Ich bin schön als ich, als die ganze Person und nicht nur Teile von mir. Ich als ich bin dann mein schönstes Ich. Knappe Ausführung von mir, Celia hat hierüber schon sehr viel mehr geschrieben.

Ich stelle mal die These auf, dass Selbstwahrnehmung, Selbstvertrauen und der Sinn für die Realität sich auf die Ausstrahlung eines Menschen positiv auswirkt. Wem es gut geht, der strahlt dieses Gefühl auch  nach aussen aus.

Aber was hat das mit meinem Thema Süßigkeiten zu tun?

Nun ja, die Süßigkeiten haben in der letzten Zeit auch teilweise meine Wahrnehmung beeinflusst. Ich denke, ich kann es essen, wenn ich es gegessen habe bekomme ich ein schlechtes Gewissen und deshalb esse ich wieder. Der typische Suchtkreislauf.

In der Eisdiele ist auch nichts mit Gier oder Verlangen. Um mich herum wurde wieder tonnenweise Eis und Sahne verdrückt. Mir ist es schnuppe. Ich trinke meinen Kaffee und gut ist. Trotz Vollmond geht es mir gut.

Und Kaffee macht ja bekanntlich schön 😊. Dann trinke ich gleich mal noch nen Liter 😊

Bis morgen

Euer Bernd

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