Neulich…….Bei mir im Kopf

Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen. So lautet ein altes Sprichwort. Das heißt, wenn ich zu Essen und zu Trinken habe geht es nicht nur meinem Körper, sondern auch meiner Seele/meinem Geist gut. Das heißt wiederum, dass ich zufrieden bin.

Ist das denn bei mir genauso? Ich habe das Problem, dass ich mich nicht gut fühle, sondern dass es mir schlecht oder nicht so gut geht, weil ich immer wieder diese innere Stimme von wegen Zunehmen, dick sein oder werden, unattraktiv wirken etc. höre. Ich komme hier nicht zur Ruhe.

Die anderen können essen was sie wollen, die nehmen nicht zu, nur ich habe schon 2 kg drauf, wenn ich längst eine Metzgerei gehe.

Das ganze Theater mache ich schon seit ca. 47 Jahren (ich bin 53 – die ersten 6 Jahre) meines Lebens mit. Da wäre es doch einfach zu sagen..Althaaaaa, alles ok, Du bist wie Du bist, akzeptiere es, du bist nicht perfekt (dieser scheiss Perfektionismus), es ist so wie es ist. Lass es so und bleibe dabei. Die Leute mögen Dich auch so wie Du bist. Ja ja…..die Leute.

Und ich? Mag ich mich auch wie ich bin? Ja oder eher nein? Die Antwort ist JEIN. Ich habe einen Anspruch an mich selbst, den ich aber je nach Lage und Gemütszustand und Spiegeloptik neu definiere.

Mal setze ich nichts an mir aus, manchmal sehe ich mich als die totale Katastrophe der Natur. Von einem Tag zu anderen. Obwohl das Bild im Spiegel identisch, aber die Wahrnehmung eine komplett andere ist. Bin ich zufrieden, setze ich nichts an mir aus, bin ich unzufrieden, finde ich mich blöd, unattraktiv, zu dick……… Immer wenn ich mich unwohl fühle wegen meines Gewichtes baut sich Druck auf mit dem Ziel, nein mit dem Zwang, abnehmen zu MÜSSEN, damit es mir wieder besser geht.

Was soll ich tun? Ich habe keinen Bock mehr auf das ewige Hickhack.

Fakt ist aber auch, dass das einzige Problem der Schreiber dieser Zeilen ist, nämlich ICH. Nicht der Spiegel, die Waage, das Essen, nein…..ICH.

Spiegel und Waage sind der Auslöser, das Essen das Mittel zum Zweck.

Was sich ändern muss ist meine Einstellung. Reine Kopfsache. Hier muss ich meinen Kopf nicht nur zum Haarewaschen gebrauchen, sondern auch als zentralen Steuerungspunkt. Das Gehirn für die Koordination und die Seele für mein Wohlbefinden.

Alles klar. Klappt doch. So rein theoretisch. Aber auch praktisch muss das endlich mal klappen. Ich bin auf dem Weg, aber der ist noch steinig und lang.

So….und was sind meine Hausaufgaben, die ich machen muss? Was ich die ganzen Jahre nicht gemacht hat ist für mich ein klares Ziel zu definieren. Es waren immer nur Gedanken, nein Träume, vielleicht auch Vorstellungen von einer Scheinwelt, die ich hatte oder in die ich mich geflüchtet habe. Es war für mich nie was Greifbares. Es war konkret und abstrakt zugleich. Unterm Strich gesehen war es immer ein Hin und Her.

Mein Ziel, das ich definiere ist, dass ich mich so annehme wie ich bin, dass ich mich essens- und aussehenstechnisch so akzeptiere wie ich bin und dass ich den Druck von mir nehme. Und wie mache ich das?

Ich stelle mir die Frage : Würden Dich die Leute/Freunde mehr mögen, wenn Du 5, 10, 15 oder 20 kg weniger hättest? Ich bin zu der Antwort gekommen, dass die Leute/Freunde mich unter anderem mögen, gerade WEIL ich so bin wie ich bin. Das hat meiner Meinung nach mit der Selbst- und Fremdwahrnehmung zu tun. Wenn ich in den Spiegel schaue und sehe dort Frankensteins Enkel sehen die Leute/Freunde draußen George Clooney oder Brat Pitt, wobei ich George Clooney bevorzuge 😊. Das hat Jahre gedauert, bis ich zu dieser Erkenntnis gekommen bin.

Ein anderes Tool ist der Sport. Durch das regelmäßige Nordic Walking bleibe ich in Bewegung und der Kopf ist nach jedem mal freier. Und da kann ich viel über mich und meine Ziele nachdenken.

Wie seht Ihr das?

Bis später

Bernd

 

Lieber Bernd,

Hm lieber Bernd, Du beschreibst das Dilemma super. Genau so "isses". Und ich hänge an der Frage, ja wie macht man denn das, dass man sich den Druck wegnimmt. Sich annehmen kann so wie man is(s)t…….

Bei mir geht das an Tagen gut, in denen ich mit mir im Einklang bin. An Tagen, an denen ich unzufrieden bin geht es, Überraschung, nicht gut. Dann will ich wenigstens schlank sein. Und ich bilde mir ein, den ganzen anderen Kladderadatsch besser aushalten zu können. Was auch Unfug ist, denn die Erfahrung zeigt mir, wenn ich schlanker bin, dann ist der Kladderadatsch auch da und ich denke null komma null Sekunde daran, ob ich schlank oder dick bin. Es ist also nur ein Ablenkungsdenken. Ein, ich hab da irgendwo ein Thema und genau da will ich nicht dran. Also denke ich lieber das, was ich gewohnt bin und das heißt: Herrjeh ist alles schrecklich und übrigens müsste ich mal wieder abnehmen…..

So, und jetzt kommt die unangenehme Wahrheit. Also meine, guck du für dich was deine ist. Klar ist meinen Freunden auch egal, ob ich mal gerade meiner Michelin-Hefe-Hüfte ein paar "Mü" Luft rausgelassen habe oder nicht. Mir ist es nicht egal, weil ich in dem Moment einfach nicht liebevoll mit mir sein will, die ganze Welt und mich zum Teufel hauen will. Ich will mich grad schimpfen. Ich will auf mich einhauen. In einem spirituellen Seminar habe ich mal was in die Richtung gefragt, und die Antwort war eine Warnung davor, das Fass der Pandora zu lüften……. Denn in jedem Menschen ist eine gewaltige Portion Selbsthass vergraben….. das kann man jetzt sicher spirituell beantworten, aber da nicht jeder eine Ader dafür hat, stellt sich die schlichte Frage…. Ist da was dran, und warum zum Kuckuck habe ich immer wieder Phasen, in denen ich mich nicht leiden kann.

Feststellung eins. Ich habe solche Phasen. Und es ist ganz egal wer die irgendwann mal verstärkt hat, ich habe diese Phasen und insgeheim pflege "ich" die. Warum? Weil ich irgendwo mit mir nicht einverstanden bin. Ich finde immer etwas, was ich falsch mache, wo ich nicht genüge, und selbst wenn mir Gott und die Welt versichern, dass ich genüge, dann hänge ich meine persönliche Messlatte noch ein bisschen höher und sage: was geht mich die Meinung der anderen an…….

Warum will man, dass es einem schlecht geht? Es klingt von außen total bescheuert….. aber letztlich lebe ich genau so. Ich habe Phasen, in denen ich es zelebriere. Und die unangenehme Wahrheit zwei ist: ich will diese Phasen nicht loslassen.

Warum? Was ist mein Gewinn? Der Gewinn heißt für mich immer: ich muss nicht die volle Verantwortung für mich übernehmen. Ich kann mich "immer" mit etwas anderem beschäftigen/ablenken als grundehrlich auf mich/in mich zu sehen. Auf meinen Selbsthass. Das mag für "Ottonormalesser" bedrohlich und abgehoben klingen. Aber Ess-sucht hat mit Selbsthass zu tun. Warum zerstört man sich sonst systematisch…….

Der Grund, warum ich mich nicht so akzeptiere wie ich bin ist, ist, dass ich nicht sehen will, wie ich wirklich bin. Ich habe da ein Bild von mir, abgesehen von den ganzen Rollen, die ich für anderen spiele, ich habe ein Bild von mir und ertrage nicht, in mich wirklich reinzusehen. Ich kann dir auch gar nicht sagen, was ich da genau sehen würde. Denn ich zucke da auch immer wieder zurück… ich gebe mir gar nicht die Chance zu sehen, es ist vielleicht nicht so schön, wie ich hoffe, aber vielleicht auch nicht so schrecklich wie ich befürchte.

Dein Blogbeitrag lag nicht von ungefähr sehr lange bei mir ungelesen. Ich wußte wohl nur zu genau, wohin mich deine lockere Schreiberei führt…….. ans Eingemachte…..

Ich nehme mich nicht so an wie ich bin.

Weniger öfter, aber immerhin weniger immer. Es fällt mir schwer in Kladderadatschphasen innezuhalten und mir zu sagen: hey, ich hab da grad nen tiefen was-auch-immer-Schmerz. Denn… ich will ihn nicht sehen. Ich will, dass er einfach so weg geht. Was er nicht macht. Denn da geht’s ihm wie mir. Er will gesehen werden. Und sehen kann reichen. Ich lass ihn sein….. ich mach ihn nicht weg....und ich lass damit auch mich sein….wie ich gerade bin, unperfekt, dick, unzufrieden, unmöglich, verzweifelt, hilflos……und ich merke schon beim schreiben jetzt….. "der" Schmerz bleibt nicht ewig so intensiv….. ich kann wieder durchatmen…….

Ich muss sehen, dass ich mich manchmal auch nicht mag. Trotz Selbstliebemantren. Die bei mir nicht wirken, wenn ich sie als Lippenbekenntnisse ansehe….Manchmal mag ich mich nicht. Und dann brauche ich es hinzusehen. Den Schmerz spüren. Den Schmerz des mich nicht Mögens. Und weiter weiß ich auch noch nicht. Aber ich denke, so was ist ein Prozess. Den ich nur langsam gehen kann. Nach wie vor. Und: Es gibt ja auch so viele gute Phasen im Leben. Aber die dürfen halt nicht dazu verleiten mir vorzugeben, dass ich immer eitel Sonnenschein sein muss. Ich habe da verborgene Seiten in mir, die ich nur sehr zögerlich ansehe.

Du liest. Ich drifte in mich ab. Die Frage der Selbstwahrnehmung, was nehme ich in mir wahr, nicht nur, wie nehme ich mich wahr, das ist spannend, und das ist anstrengend. Ich will hingucken. Das ist mir wieder mal klar geworden. Ich will nicht wieder so auf halber Strecke stehen blieben, die ersten Erfolge dazu benutzen, nicht weiter zu sehen, ich will einfach mal richtig hinsehen. Und übrigens fühle ich mich nach diesen Zeilen unendlich unhungrig……. Das mal zur Überleitung für deinen nächsten Blogbeitrag……..

bis zu diesem

herzlich

Celia